Traditionelles Karate
Die Ursprünge des traditionellen Karate finden sich auf Okinawa, einer japanischen Insel. Als strategisch wichtiger Punkt zwischen China und Japan war Okinawa von beiden Kulturen stark geprägt. So entwickelte sich auf dieser Insel eine Kampfkunst, die Elemente des chinesischen Kung-Fu mit dem Wertesystem und Verhaltenskodex der japanischen Samurai vereinte. Diese Kampfkunst wurde zunächst Okinawa-te genannt (Okinawa-Hand). Später wurde sie in Kara-te-do umbenannt – Weg der leeren Hand. Für einfache Bauern und Bürger in Okinawa war der Besitz von Waffen streng verboten. Um sich trotzdem gegen Übergriffe verteidigen zu können, erlernten die Bewohner Karate. Die Techniken wurden dabei von Meister zu Schüler über Generationen hinweg weitergegeben. Die Vielzahl dieser Überlieferungen mündete schließlich in die Gründung verschiedener Stilrichtungen, wie etwa wie Shotokan, Gojo Ryu und Shito Ryu.
Von Okinawa aus gelangte Karate zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Japan. Einer der Vorreiter dieser Entwicklung war Gichin Funakoshi (1868 – 1957), der Shotokan Karate an japanischen Hochschulen vorführte und so zu einer breiten Bekanntheit der Sportart beitrug. Neben dem Aspekt der körperlichen Ertüchtigung wurden auch die Werte des Karate geschätzt und so fand diese Kampfkunst Einzug in das japanische Schulsystem. Von hier aus verbreitete sich Karate im Laufe des 20. Jahrhunderts auf der ganzen Welt.
Heutzutage gibt es nicht nur eine Vielzahl an Stilrichtungen, sondern auch verschiedene Schwerpunkte und Ideen über das Wesen des Karate. Traditionelles Karate stellt nicht nur die körperliche Ertüchtigung in den Mittelpunkt, sondern auch den Aspekt der Selbstverteidigung und das Prinzip des Do. Do bedeutet übersetzt Weg oder Pfad und findet sich oft im Zusammenhang mit fernöstlichen Kampfkünsten, etwa Karatedo, Judo, Aikido, Teakwondo etc. Dieses Wort verdeutlicht, dass eine Kampfkunst mehr ist als nur eine Sportart, die in einer bestimmten Phase des Lebens ausgeübt wird. Es ist eine Einstellung, die sich auf alle Bereiche des Lebens auswirkt; eine Möglichkeit zur Selbstfindung und das Streben nach dem Überwinden der eigenen Grenzen. Werte wie Respekt, Disziplin, Fleiß und Demut sind zentrale Aspekte des traditionellen Karates, die weit über die Grenzen des Trainings im Dojo hinaus reichen.
Traditionelles Karate kann von jeder und jedem erlernt werden – Alter, Geschlecht und körperliche Voraussetzungen spielen dabei keine Rolle. Denn jeder kann mit genügend Studium die Kraft und Energie des eigenen Körpers und Geistes nutzen, um verschiedenste Karatetechniken sinnvoll einzusetzen. Dabei kommen auch moralischen und philosophischen Aspekten eine große Rolle zu – denn nicht nur der Körper entwickelt sich durch Jahre des Studiums weiter, sondern auch der Geist. Der beste Kampf ist immer der, der nicht geführt werden muss; gemäß diesem Prinzip ist es von essenzieller Bedeutung zu lernen, wann es sinnvoll ist, Karate einzusetzen und wann man besser davon absehen sollte.
Traditionelles Karatedo begleitet die praktizierenden Karatekas idealerweise ihr ganzes Leben, denn stets kann an der eigenen Technik, dem eigenen Verhalten und dem eigenen Denken noch etwas verbessert werden. Das Streben nach Perfektion, ohne die Annahme diese tatsächlich erreicht zu haben, ist ebenfalls ein zentraler Aspekt des traditionellen Karates. Ein jeder Tag bietet eine neue Chance zu wachsen und sich weiterzuentwickeln – sowohl körperlich als auch geistig.